Dragana Mladenović [ Deutschland, Serbien ]
Biographie
Dragana Mladenović wurde 1977 im sächsischen Frankenberg geboren und wuchs in Serbien auf. Sie studierte Serbische Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft. Neben ihrer dichterischen Tätigkeit arbeitet sie als Journalistin.
Mladenović zählt zu den wichtigsten Vertreterinnen der serbischen Poesie ihrer Generation. Seit 2003 veröffentlichte sie insgesamt sechs preisgekrönte Gedichtbände, in denen sie sich u.~a. mit politischen Szenarien, insbesondere dem Scheitern von Utopien, auseinandersetzt: »Nema u tome nimalo poezije« (2003; Ü: Darin ist kein bisschen Poesie), »Raspad sistema« (2005; Ü: Systemzerfall), »Tvornica« (2006; Ü: Fabrik), »Asocijalni program« (2007; Ü: Das asoziale Programm), »Omot spisa« (2008; Ü: Schrifteinband). Ihr zuletzt erschienener Lyrikband ist zugleich der erste, der auch in deutscher Sprache (in einer Übertragung von Jelena Dabić) vorliegt: »Rodbina« (2010; dt. »Verwandtschaft«, 2011) zeichnet lyrisch-fiktiv das Schicksal zweier Familien nach, einer bosnischen und einer serbischen, beide auf unterschiedliche Weise geprägt von den Folgen der Kriegsverbrechen. Das Besondere an ihrer in Kleinschreibung abgefassten Lyrik ist, dass sie narrativ, bilderreich und sprachbewusst zugleich ist. So spiegelt sie die Geschichte in den individuellen Erfahrungen des Kriegs wider, wobei Mladenović verschiedenste Perspektiven einnimmt. Ihre Sprache ist kühl und einfühlsam zugleich; nüchtern in der Schilderung begangener Gräuel, empathisch hinsichtlich der kleinsten menschlichen Regungen. Wie sie Vergangenheit und Gegenwart, Alltag und Krieg zusammenfallen lässt, zeigt sich exemplarisch in einer gerade des lakonischen Tonfalls wegen erschreckenden Passage: »opa stanko hat gestern / einen knochen ausgegraben / von der tür aus rief er / ein alter / leute / der alte / daran / war nichts / hinreichend glückliches / nichts hinreichend lustiges / oder hinreichend trauriges dass man / weinen könnte / das war der sechste / alte den / opa stanko / in diesem monat ausgegraben hat.« »Verwandtschaft« ist in drei Teile gegliedert, die sich inhaltlich überschneiden, formal jedoch äußerst unterschiedlich abgefasst sind. Auffällig an Mladenovićs Gedichtzyklen ist die ungewöhnliche szenische Form, in welcher sie mit wenigen Figuren und prägnanten Versen ein Abbild der Gesellschaft entwirft. Täter, Opfer und Zeugen – sie alle erscheinen als gezeichnet, versehrt und oft in Schweigen gehüllt. Eine Verdrängung der Schuld einerseits, stiller Schmerz auf der anderen Seite. Jüngst hat Mladenović ihre Kunst des Prosagedichts mit »Magda« (2012) weitergeführt, einem »Roman in Versen«, der aus der Innensicht eines im Koma liegenden Schriftstellers erzählt ist.
Mladenović lebt in Pančevo bei Belgrad.